Sardinien – fast, aber noch nicht ganz

Gepackt ist anfangs Woche schon fast alles. Nicht ganz freiwillig, die Woche ist gut gefüllt mit Terminen und der Plan ist, bereits am Freitag loszudüsen, Richtung Tessin, um am Samstag dann pünktlich auf der 19:00 Uhr – Fähre zu sein. Und das ganz gemütlich, mit Reserve, ohne Stress, Ferien halt.

Pläne sind da, um geändert zu werden. Zugegebenermassen führt das nicht immer zu einem negativen Nebeneffekt. Diese erste Änderung ist an der Grenze dazu, für den Moment mindestens. Was sich daraus ergibt, wir werden sehen.

Was unseren Plan durchkreuzte war eine SMS von GNV, dem Fährunternehmen, am Mittwoch Mittag, punkt zwölf Uhr. Gerade aus einer Sitzung raus an den nächsten Termin:

Annullamento viaggio.Gentile cliente, GNV Le comunica che la partenza Genova-Porto Torres del 10/06/23 prevista alle ore 19:00 è stata annullata.

OK, doof… Das Angebot zur Rückerstattung wollten wir – eher nicht überraschend – nicht annehmen, also ran ans Telefon. Beep, Beep, Beep… Wir sind wohl nicht die einzigen, die diese Nachricht erhalten haben. Beim 2. Versuch und einer Wartezeit von nur 5 Minuten wurde ich dann von einer freundlichen, völlig überdrehten Italienerin erhört. Das Angebot: selber Abfahrtsort, kurz vor Mitternacht. OK, nicht so doof…

Ticket erhalten, meinem Schatz weitergeleitet, SMS „Hast du gesehen, wir haben einen anderen Zielhafen!“. OK, ein bisschen doof… Anstatt Porto Torres ist es nun Olbia. Hat die nette Dame nicht erwähnt, hätte aber an meinem Entscheid auch nix geändert. Somit werden wir knapp 150 km Umweg haben. Ein Umweg ist aber auch immer eine Chance, diese werden wir nutzen. Mal schauen wie.

Woche 5 – Provence – Schweiz

Montag, keine Route, Besuch der Lavendelfelder

Als wir am Vortag Richtung Sault gefahren sind, waren wir der Meinung, dass wir schon fast zu spät für die Lavendelblüte seien. Die Felder wirkten mehrheitlich „mager“ und eher blass. Im Gespräch mit einer Ladenbesitzerin für Lavendellprodukte haben wir jedoch erfahren, dass der Lavendel „malade“ sei. Auf meine Rückfrage, ob ein Befall durch Insekten daran schuld sei, erhielt ich zur Antwort, dass es der Stress sei, welcher durch die Trockenheit verursacht wird. Auch hier ist der Klimawandel stark zu spüren und wird eine starke Veränderung in der Landwirtschaft mit sich bringen. Wie beim Wein notabene.

Unsicher, ob wir zu Fuss zu den angeblich schönsten Lavendelfelder pilgern sollten oder mit dem Velo, entschieden wir uns im letzten Moment für letzteres. Ein wahrlich guter Entscheid! Die Fahrt nach Ferrassières, Aurel und Sault war ein kleiner Traum. So kamen wir dann doch noch zu Fotos von vollen, gut gepflegten und schier endlosen Lavendelfeldern. Olfaktorisch war es ein Wechselbad zwischen dem Geruch des Lavendels und der Pinienwälder, von welchen wir mehrere durchquerten. Zweimal fuhren Transporter mit frischer Ernte an uns vorbei, unbeschreiblich!

Aurel ist sehr, sehr klein. Wenn man durch die wenigen Gassen flaniert, getraut man sich fast nicht, laut zu sprechen. So ruhig ist es! Oder sollte man sagen ausgestorben? Wohl beides, viele dieser Kleinstdörfer dürften keine rosige Zukunft haben, wir kennen das in der Schweiz ja auch.

Nach einer kurzen Einkehr und dem Genuss von Chaussons aux pommes – unsere geliebten Pain aux chocolate waren „leider“ aus – und der damit verbundenen Einnahme von mind. doppelt so viel Kalorien wie wir auf der gemütlichen Velofahrt verbrannt haben, machten wir uns auf den Heimweg. Danach stand „chillen“ und eine kurze Joggingrunde auf dem Programm.

Dienstag, Sault-Vésenaz (Genf)

Am Dienstag hiess es, Abschied von Frankreich zu nehmen. Unsere Tour war noch nicht ganz vorbei, aber das Ende nahte… So machten wir uns auf den rund 330 km weiten Weg. Ein Weg, welcher es schlussendlich in sich hatte… Wir liessen uns – einmal mehr – auf den Vorschlag des Navis ein. Dies war – einmal mehr – eine Mischung zwischen „wie passt Fat Boy hier durch“, „Wow, was für schöne Gegenden gibt es“ und „WTF schlägt uns das Navi schon wieder vor…“. Gut, man kann auch durchaus der Meinung sein, dass nicht der Computer daran schuld ist, sondern der- oder diejenige, welche(r) ihn bedient.

So hatte die Tour dann zwei Höhepunkte, welche den Adrenalinhaushalt in ungeahnte Höhen steigen liess. Der erste war ein Nationalpark (Méouge-Schlucht) mit so schmalen Strassen – links flankiert von schroffen Felswänden, rechts eingerahmt von einer tückisch hohen Steinmauer -, auf welchen uns ein Töfffahrer den gestreckten Mittelfinger zeigte, wohl nur darum, weil wir auch dort durch wollten oder mussten und nicht wirklich ausweichen konnten. Glücklicherweise herrschte so wenig Verkehr, dass auf Rückfahrmanöver der überirdischen Art vollständig verzichtet werden konnte. Die Schlucht und das Panorama waren jedoch einzigartig, wir haben leider wenig davon mitbekommen und auch keine Zeit gefunden, um Fotos zu schiessen (Fotos sind aus dem Internet).

Der zweite Höhepunkt war dann die Durchfahrt des Villenviertels von Vésenaz, welchds etwa ähnlich wie unser Rosenbergviertel ist, nur mindestens doppelt so pompös und die Strassen mindestens halb so breit… Als wir einmal stillstanden, um ein LKW passieren zu lassen, habe ich vor meinem geistigen Auge bereits das Unfallprotokoll gezückt, „um Haaresbreite“ wäre eine schiere Untertreibung.

Auf dem TCS-Campingplatz angekommen, wo wir zu unserer Überraschung einen Platz mit Seesicht erhielten, war natürlich ein Schwumm im Genfersee angesagt. Das einigermassen kühle Nass half uns dabei, den Adrenalinstand wieder auf ein normals Niveau zu bringen. Ausserdem regte dieser den Hunger an, so gab es einen gemischten Salat mit verschiedenen Grillzutaten, was richtig lecker war.

Mittwoch, keine Route, Velotour und Kurzbesuch von Genf

Nach einer etwas unruhigen Nacht neben einem Naturschutzgebiet mit vermutlich ein paar Millionen Vögeln, welche in der Nacht alles tun, ausser schlafen, machten wir uns an das letzte Tagesprogramm dieser wunderbaren Tour. Da wir nicht so die „Shopper“ sind, entschieden wir für eine Velotour durch die Umgebung von Genf. Wir wählten die Route 171 von Swiss Mobil, mit einer Länge von schlussendlich knapp 40 Kilometern. Die Route führte mehrheitlich Überland an verschiedenen „Sehenswürdigkeiten“ vorbei. Da diese im Privatbesitz sind, blieb es dann bei einem „drive by“ und kurzem „Aha…“. Nichtsdestotrotz ist es eine schöne Route zwischen Weizen- und Sonnenblumenfeldern sowie Reben hindurch.

Da die Route bis nach Genf führt, liessen wir uns einen Kurzbesuch dann doch nicht nehmen. Wir flanierten am Ufer entlang bis zum jet d‘eau und machten uns dann Richtung Altstadt. Ein Besuch der Kathedrale Saint-Pierre lohnt sich, man könnte dort auch noch den Turm besteigen. Uns war das zu heiss und Sport hatten wir ja bereits  auf dem Programm.

Nach einem Bummel durch die schönen Gassen, der ersten Pizza nach über drei Wochen und dem Staunen, wie die Reichen und (nicht so) Schönen vor den Luxusläden auf Einlass warteten, machten wir uns zurück zu Fat Boy und dem schönen Genfersee. So war das nach einem wunderschönen „Nach dem Aufstehen und vor dem Frühstück“-Schwumm das zweite Eintauchen in den See.

Den Rest des Nachmittags und Abends verbrachten wir mit Lesen und der Aussicht auf einen See mit einem unglaublich faszinierenden Licht- und Wolkenspiel sowie einer Vielzahl von Segelbooten.

Woche 4 – Bordeaux – Südfrankreich

Montag, keine Route, sondern Besuch von Bordeaux

Als Weinliebhaber sollte man Bordeaux unbedingt gesehen haben. Aber nur in der Theorie, unser Fazit. Um dies zu erfahren, mussten wir zuerst fahren, resp. laufen. Nach einem Fussmarsch von zwei Kilometern brachte uns die TER Bretagne ins knapp 60 km entfernte Bordeaux. Dort hiess es dann, auf direktem Weg in die Weinstadt (La Cité du Vin) zu kommen (Danke Fabio für den Tipp!). 

Dieses „Weinmuseum“ ist eine wirklich tolle Sache. Man erfährt mit allen Sinnen sehr viel über die Welt des Weines. Bereits das Gebäude ist ein Höhepunkt, wie man auf den Fotos sehen kann. Wir liessen uns rund zwei Stunden – unterstützt durch einen leider ziemlich fehlerhaften Audioguide – informieren und genossen danach im 8. Stock ein Glas Wein.

Der Rundgang durch die Altstadt von Bordeaux hatte zwei Seiten: schöne und alte Gebäude, viele und sehr grossstädtische Menschen. Die Hauptgassen waren voll – und dies an einem Montag Nachmittag -, die Hektik hat uns fast überfordert. Dann wurden wir fast von einem Ladendieb umgerannt, welcher aus gutem Grund ziemlich rasant aus einem Kleidergeschäft gerannt kam. Grossstädte mögen ihren Reiz haben, in Bordeaux haben wir ihn leider nicht gefunden. Und als Weinstadt haben wir sie auch nicht wahrgenommen.

Dienstag, Arcachon – Saint-Emilion

Die zweitkürzeste Etappe liegt hinter uns. Das erste Mal sind wir – anstatt auf einem Chateau (aka Weingut) – auf einem ****-Campingplatz gelandet. Wieso kein Weingut? Zu weit weg vom Schuss, resp. von Saint-Emilion. Und dieses wollten wir besuchen. Und das haben wir getan und zwar recht ausgiebig. Aber alles schön der Reihe nach.

Nach 2 1/2 Stunden Reise inkl. Tanken (Tanken ist zu unser häufigsten Tätigkeit geworden, Fat Boy hat mehr Durst als sein Fahrer…) und einkaufen, sind wir in Saint-Emilion angekommen. Die Fahrt war kurz aber einigermassen anstrengend, rund um Bordeaux war ein ziemliches Chaos und alles ziemlich hektisch. Der Campingplatz machte einen sehr einladenden Eindruck, man konnte den zusätzlichen Stern förmlich spüren.

Dann ging es – wie meistens – nach einem kurzen Mittagslunch aufs Rad. Auf rund 20 km fuhren wir über Pomerol ins Dorf Saint-Emilion. Vorbei an Weinreben, Chateaus, Weinreben, Chateaus. Die Hauptsorten sind Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Im Gegensatz zur „linken“ Seite an der Garonne und weiter unten der Gironde, wo die Cabernets die Gegend beherrschen. Meistens wird ein Cuvée herstellst, typisch sind Verschnitte von 80% Merlot und 20 % Cabernet Sauvignon / Cabernet Franc. Nicht fehlleiten sollte man sich von der vollmundigen Bezeichnung Grand Cru Classé, welche fast an jedem Weingut prangt. Das ist hier fast der Normalfall, spannend wird es bei den Premier Grand Crues, über welche ich wenig berichten kann, da sie mein Wein-/Budget übersteigen. Nun bin ich aber abgeschweift, zurück zu unserem Ausflug.

Pomerol „n’existe pas“, war unsere erste Erkenntnis. Etwas genauer: es gibt ein Dorf, welches aber lediglich aus einer Kirche, einem Friedhof, einer Schule und dem Rathaus besteht. Trotzdem schön, zu trinken gab es leider nichts. Deshalb fuhren wir rasch weiter nach Saint-Emilion. Kaum angekommen, fühlten wir uns überaus wohl. Die Stadt Bordeaux war vergessen, Erinnerungen an das Piemont kamen auf. Das Dorf ist wunderschön authentisch, die Anzahl Touristen – ja, wir sind es auch… – hält sich in Grenzen und die Anzahl Weinläden ist schier grenzenlos. Der Unterschied im Angebot ebendieser ist es auch…

Im ersten Laden angekommen – ein sehr schöner mit viel Betrieb -, fühlten wir uns dann doch rasch fehl am Platz. Oder ein bissen zu wenig „Premie Grand Cru classé A“. So gingen wir rasch weiter und landeten in einem weniger belebten Geschäft, in welchem wir fünf Weine aus der Region degustierten. A propos Region: rund um Saint-Emilion hat es 800 Weingüter, um Pomerol deren 200!

Nach einem reichhaltigen Apéro-Plättchen und dem einen oder anderen Glas Wein machten wir uns zurück auf den Campingplatz. Bei unseren Velos – sie waren tatsächlich noch da – machten wir noch Bekanntschaft mit einem polnischen Pärchen, welches Europa mit einer Vespa (330 ccm) bereist und meinte, dass diese Gegend „boring, but very beauty“ ist. In Osteuropa sei viel mehr los. OK, wer’s mag.

Am Abend folgte dann Camperlife mit endlich warmen Temperaturen und Grill.

Mittwoch, Saint-Emilion-Carcassonne

Rund 330 km lagen hinter uns, als wir auf dem Campingplatz „La Cité Carcassonne-„ ankamen. Dieser liegt in der Nähe des Canal du midi und in unmittelbarer Nähe von Carcassonne. Hier sind keine Reservationen für Kurzzeitaufenthalter möglich, wir hatten Glück. Der ****-Campingplatz ist gut gefüllt, aber bei weitem nicht ausgebucht. Die Stellplätze sind gross, die sanitären Anlagen so ***. Wer hat nicht gerne eine WC-Brille oder Seife, wenn er seine Geschäfte verrichtet? OK, wir schätzen das.

Nach einem kurzen Mittagessen – eifrige Blog-Lesende kennen das bereits – schwanken wir uns nicht auf den Sattel sondern nahmen die knapp 2 Kilometer Weg bei gefühlten 40°C unter unsere Füsse; die Temperaturunterschiede über 300 km sind doch beträchtlich. Kaum in der Nähe von Carcassonne imponiert die riesige mittelalterliche Burgmauer, welche den Dorfkern umgibt. Die ganze Burg ist „gut im Schuss“ und es ist auch bei den aktuell heissen Temperaturen ein Vergnügen, diese zu Umlaufen.

Die Gassen sind très jolie, jedoch sehr touristisch geprägt. Von diesen hatte es nicht sehr viele, abseits der Hautpgasse fast keine. So konnten wir in Ruhe das schöne, mittelalterlich geprägte Städten besichtigen. Es gibt auch hier gemütliche Ecken, die höchstens dann ihren Reiz verlieren, wenn – man mag es kaum glauben – ein Auto oder Motorrad durch die Gassen jagt. Der obligate Besuch der Kirche – eigentlich eine Kathedrale von Carcassonne – war diesen wert, wir waren sehr erstaunt über die wunderschönen Glasfenster, auch in den Seitenschiffen. Ansonsten ist die Kathedrale im gotischen Stil eher düster.

Den Durst konnten wir in einem der (sehr) zahlreichen Restaurants stillen, wir fanden eine sehr coole Location. Restaurants gibt es wie Sand am Meer (letzteres ist hier leider nicht vorhanden), die Kunst ist es, das richtige auszuwählen. Wir wählten das Maison du Cassoulet und bereuten es nicht. Wieso, das kann hier nachgelesen werden.

Glücklicherweise stand uns noch der Heimweg bevor, mind. 0.5% des Alkohols und 375 kcal konnten dabei abgebaut werden. Bei Fat Boy angekommen, lasen wir noch eine Weile draussen, das erste Mal überhaupt bei angenehmen Temperaturen.

A propos Fat Boy. Diesem ging es heute nicht so gut, sein Öldruck war eher tief, wir bleiben an diesem Thema dran…

Donnerstag, Carcassonne-Marseillan (Nähe Cap d‘Agde)

Wie gestern angetönt, kämpften wir ein wenig mit dem Ölstand von Fat Boy. Dabei fiel uns der Unterschied zwischen der optischen Anzeige im Cockpit und dem effektiven Stand des Ölmessstabs schon früh auf. Diese war aber trotzdem einigermassen plausibel und vergleichbar, deshalb blieb eine gewisse Unsicherheit und ungutes Gefühl. Nach der Abfahrt beim ersten Halt zeigte dann die Cockpit-Anzeige schon keinen Balken (es gibt deren fünf) mehr an, sondern nur die Aufforderung, den Ölstand zu kontrollieren. WAS SEIT EINEM TAG MEINE MEIST DURCHGEFÜHRTE TÄTIGKEIT WAR (sogar noch vor Apéro und Mittagessen)! Aber das imponierte der Elektronik kein kleines bisschen. So entschieden wir uns für einen Besuch in einer Fiat-Garage, um der Sache wirklich auf den Grund zu gehen und danach die Fahrten wieder geniessen zu können.

Auf dem Weg haben wir einen Zwischenhalt in Le Somail eingeplant. Dort gibt es eigentlich nix, ausser einen Stellplatz für WoMos, einen Anlegeplatz für alle Grössen von Hausbooten auf dem Canal du midi (eine solche Reise ist bereits auf der Bucket List) sowie eine wunderschön mit Blumen geschmückte Brücke. Und natürlich – der eigentliche Grund für den Besuch aufgrund einer Empfehlung (Danke Fabio und Nathalie!) – Le Trouve Tout Du Livre. Eine sehr ungewöhnliche und unbedingt sehenswerte Buchhandlung / Antiquariat, welches von 12:00 – 14.30 Uhr geschlossen hat. So kam es, dass wir aufgrund meiner oben beschriebenen neuen Lieblingsbeschäftigung im wahrsten Sinne des Wortes um fünf vor zwölf in Le Somail ankamen… Nun standen wir vor der Entscheidung, die Zeit abzusitzen oder so früh wie möglich die Fiat-Garage aufzusuchen und auf den Besuch dieser Sehenswürdigkeit zu verzichten. Wer mich kennt, weiss, wie das ausgegangen ist… Alle Interessierten werden deshalb gebeten, folgendes zu googeln: Le Trouve Tout Du Livre.

Der Besuch der Fiat-Garage brachte uns drei Dinge: einen Gratis-Liter Öl und die Arbeit dazu – man suche das bitte mal in der Schweiz -, die Überzeugung, dass auch schlechtes Französisch gutes Französisch im Umgang mit Franzosen und Französinnen ist und schlussendlich, dass unser Fat Boy auch die nächsten zwei- bis dreitausend Kilometer ein zuverlässiger Reisebegleiter sein wird.

Am Mittelmeer angekommen gab es dann einen kurzen Spaziergang am Strand und eine Portion Moule Frites, welche lecker war. Auf den Nachschlag verzichteten wir dann dankend, genossen dann aber unseren ersten(!) Pastis.

Freitag und Samstag, keine Route, sondern Strandferien am Mittelmeer

Wir besuchten – um unserem Reisehunger mind. Minimal – gerecht zu werden, Agde und Cap d‘Agde (den Hafen). Agde ist eigentlich noch ziemlich hübsch. Es hat enge Gassen, viele kleine Läden und liegt am Herault, ein Fluss mit 148 km Länge, der ganz in der Nähe (Grau d‘Agde) ins Mittelmeer mündet. Dieses Wochenende wird hier gefeiert und das berühmte Fischerstechen durchgeführt. Die Ruderboote, welche verwendet werden, seht ihr weiter unten. Wir waren aber am „falschen“ Tag dort und haben kurz am Herault einen Kaffee genossen. 

Die Velofahrt vom Camingplatz an der Marseillan Plage nach Agde findet glücklichweise auf – wenn auch sehr holprigen und hindernissreichen – Velowegen statt. Es geht an einem Naturreservat (Reserve Naturelle du Bagnas) vorbei, welches eine Art Lagune ist.

Das Dörfen Marseillan Plage ist gelinde ausgedrückt eine Ansammlung von Kitschshops und nicht wirklich einladenden Restaurants. Das am Vortag beschriebene Restaurant stellt eine Ausnahme dar, ein Glücksfall sozusagen. Das Restaurant macht einen gepflegten Eindruck, das Essen und der Services sind sehr gut. Ein kurzes Gespräch mithilfe meines schwachen Französisch hat dann ergeben, dass es sich bei den GastgeberInnen um eine Familie handelt, welche seit vier Jahren hier wirtet und dies vorher in Perpignan getan hat. Ein nettes Gespräch. Beim zweiten Besuch ist uns dann aufgefallen, dass die Chefin mehrere Gäste persönlich begrüsst, anscheinend langjährige Gäste.

Abgesehen von unseren zwei Ausfahrten genossen wir die Stunden am Strand, nach zwei Wochen das erste Mal mit unseren E-Readern in der Hand. Ruhe ist hier ein kostbares Gut, am Abend geht es rund um den Campingplatz hoch her, nicht gerade unsere Präferenz.

Morgen geht es dann weiter, die Lavendelfelder der Provence stehen auf unserem Programm und allenfalls eine Höhle. Den Gedanken, einen Umweg über die Calanque zu machen, haben wir wieder verworfen. So nähern wir uns langsam aber sicher unserer Heimat.

Sonntag, Marseillan (Nähe Cap d‘Agde)-Sault

Der Sonntag war von mehreren fahrtechnischen Herausforderungen geprägt. Bereits beim Abstellen war uns klar, dass das eine oder andere Manöver nötig sein wird, hier wieder heraus zu kommen. Überhaupt waren wir an diesem Tag erstaunt, wieviel Fat Boy zwischen zwei Hindernissen hindurch geht… Dabei ist die Hauptherausforderung nicht unbedingt die Länge, sondern der Überang. Der Teil des Fahrzeuges, welcher sich hinter der Hinterachse befindet und eine gewisse Eigendynamik hat. Gerade das kam dann auch bei der Ausfahrt aus dem Campingplatz zum Tragen. Durch unterstütztende „Vas-y“ gelang uns das dann auch.

Die Qualität der Raststätten ist ebenfalls extrem unterschiedlich. So ist eine gewisse Skepsis angebracht, wenn WoMos und PKWs auf dieselben Stellflächen gelotst werden und dort dann auch noch Gegenverkehr gilt. Dann werden überdachte Parkplätze zu regelrechten Fallen.

Auf dem Naturcamping angekommen brauchten wir ganze drei Versuche, um dann sesshaft zu werden. Zuerst fehlte schlicht und ergreifend eine Stromsäule, danach merkten wir, dass die Pinien uns innert zweier Tage regelrecht zukleistern werden. Unschön. So fanden wir dann unser Plätzchen unter Laubbäumen und einer sehr guten Beschattung, kein Nachteil bei 36°C.

Zu Fuss besuchten wir dann das rund 2 km entfernte Sault. Ein sehr kleines Dorf und einer (der höchste) von drei Ausgangspunkten für VelofahrerInnen, um den legendären Mont Ventoux zu bezwingen. Er hat stattliche 1910 m Höhe und durschnittlich 7,6% Steigung, die Distanz beträgt ab Sault rund 26 km. Leider sahen wir ihn nur aus der Ferne (wer weiss, vielleicht das nächste Mal…).

Sault ist ein kleines Dorf mit 1361 Einwohnenden; und vermutlich mind. so vielen Parkplätzen. Man will sich gar nicht vorstellen, wie es hier in der Hauptsaison zugeht. Aktuell ist es eträglich und die Restaurant- und LadenbesitzerInnen sind noch für einen Schwatz zu haben.

Woche 3 – Bretagne und Bordeaux

In der ersten vollen Frankreichwoche waren wir im Norden und Nordwesten unterwegs. Verschieden lange Etappen erwarteten uns, wir freuten uns speziell auf die Atlantikküste. Und das Essen in Vannes.

Montag, 3. Etappe: La Rochette – Beauvoir (Saint-Mont-Michel)

Nach knapp 400 teilweise zähen Kilometern – Navi sei Dank… – bei zunehmend besser werdendem Wetter sind wir in der Bretagne angekommen. Rund um Paris war sehr viel los auf der Strasse, kein Vergleich zu den beiden ersten Tagen. Das änderte sich jedoch mit jedem Kilometer, welcher uns weiter weg von der Metropole führte.

Bisher hatten wir die Routenwahloption im Navi noch nicht gefunden. Vermutlich ist es auf „kürzeste Strecke“ eingestellt, was dann dazu führte, dass wir die kürzeste Strecke empfohlen bekamen. Den Strassenbreiten und -zuständen zufolge sowie den teilweise überraschten Blicken, waren wir eher eines der wenigen WoMo-Fahrenden, die zahlreiche Mini-Ortschaften durchfuhren. Natürlich immer mit einer 30er-Zone und dem obligaten Durchschüttel- und Geschirrklappermoment, wenn man die überall(!) vorhandenen Schwellen überfuhr.

Was niemand vermuten konnte, trat dann doch noch ein: wir erreichten einigermassen müde unser Ziel, den Camping aux Pommier in Beauvoir, rund 4 km von Mont-Saint-Michel entfernt. Die Einfahrt sah auf dem Situationplan schwieriger aus, als sie tatsächlich war. So standen wir innert kürzester Zeit auf dem Standplatz, recht gut ausnivelliert auf den beiden Keilen.

Kaum angekommen, machten wir uns bereit für den Ausflug auf Mont-Saint-Michel. Der „Berg“, welcher eine geschichtsträchtige Vergangenheit hat, hierzu gleich mehr. Wir gingen zu Fuss, was aufgrund unserer knappen „Unterernährung“ auf dem Heimweg zu einer kleinen Herausforderung wurde, waren wir doch ziemlich ausgebrannt und die Temperaturen hoch. Die ersten Anblicke des „Mont“ waren sehr eindrücklich. Man kennt die Bilder von ihm, in Natura sieht das Ganze dann doch um einiges wuchtiger und fast mystisch aus.

Nach der Überquerung des knapp 2 km langen Damms und zig Fotos des fehlenden Meeres (es war gerade ziemlich Ebbe), liefen wir bis zum höchstmöglichen Punkt und staunten über die pittoresken Gassen und die phänomenalen Ausblicke auf alle Seiten. Die Abby besuchten wir nicht, das behielten wir uns für den nächsten Tag. Zum Glück haben wir zwei Nächte vorgesehen. Am Abend haben wir dann auswärts gegessen, mega feine Moules, ein Sirloin-Steak und Pommes. OK, das Tarte Tatin hätte ich nun fast vergessen. Das Essen war sehr fein, mein Fleischstück hatte wohl eine sehr harte Lebenszeit hinter sich (selber schuld, mögen die Veg… nun denken. Stimmt!).

Dienstag, keine Etappe – Besuch von Mont-Saint-Michel und entspannen

Die Abby – Besuch mit Audioguide – ist sehr eindrücklich. Ursprünglich liess der Abt eine Abtei auf dem Felsen bauen. Über die Jahrhunderte wurde die Abtei aber auch als Gefängnis missbraucht, in welchem die Gefangenen unter schrecklichsten Bedingungen eingesperrt wurden. Und eingesperrt wurde man recht schnell, ohne Gerichtsverfahren, auf Antrag von Familienmitgliedern oder seinem Chef.

Auf dem Heimweg – dieses Mal mit den Velos – war einkaufen im nächstgelegenen Ort Pontorson angesagt. Man  ist ja schlussendlich auch Selbstversorger und geniesst das Kochen mit Gas sowie das Geniessen neben Fat Boy. Kalorientechnisch war heute heute auf der Negativseite die rund 20 km Velofahren zu verzeichnen auf der „Positivseite“… Lassen wir das.

Mittwoch, Mont-Saint-Michel über Saint Malo nach Cap Fréhel

Nach einer Fahrt mehrheitlich der Küste entlang und mind. einem Fotostopp sind wir in Saint Malo angekommen. Ziel war es, auf einem Parkplatz und Stellplatz zu übernachten. Wäre da nicht die geniale Idee meines Schatzes dazwischen gekommen, aber dazu später mehr.

Mit dem Bus sind wir „intra muros“ angekommen. Es ist beeindruckend, wie sich das Leben innerhalb der Stadtmauern abspielt und wie gross das Angebot – vornehmlich an französischen und bretonischen Speisen – ist, natürlich primär abseits der grossen Gassen. Vor dem Essen sind wir aber fast die ganze Stadtmauer abgelaufen. Erstaulicherweise waren wir nicht ganz alleine, trotz Vorsaison. Man will sich gar nicht vorstellen, wie es hier ungefähr in einem Monat zu un her geht…

Von der Mauer aus kann man das Naturspektakel Gezeiten sehr gut beobachten. Was wir in Saint Malo von ganz nah und Zentimeter zu Zentimeter beobachten konnten, findet hier eher aus der Ferne statt, z.B. anhand des Pegelstandes beim Fort National aus dem Jahre 1689.

Der Besuch der Kathedrale von Saint-Vincent ist empfehlenswert. Die sehr schönen Fenster sind mehr als ein Foto wert und offenbaren ein fantastisches Lichtspiel, wenn dann auch noch die Sonne die vielen Farben zum Leben erwecken. Die Geschichte mit den zahlreichen Rekonstsruktionen, insb. auch nach den Bombardements im 2. Weltkrieg ist eindrücklich, hierzu hat Wikipedia (in französisch) einiges zu erzählen. 

Auf der Suche nach einem coolen Restaurant hatten wir zu Beginn Pech – ein wirklich sehr schickes Restaurant hatte leider keinen Platz. Wir kamen dann ziemlich unverhofft in einen Teil von Saint Malo, in welchem es zahlreiche gute Restaurants gab. Die waren aber nicht nur gut, sondern für ein kurzes Mittagessen schlicht zu schick. Schlussendlich landeten wir in der Crêperie Les Korrigans. Ein Besuch wert, sei es wegen der feinen Galletes, der Crêpes mit Caramel und natürlich Salz sowie der superfreundlichen Bedienung, welche sich hinreissen liess, meine doch eher schwachen Französischkenntnisse über den grünen Klee zu loben.

Nachdem wir genug vom Schlendern und Essen hatten, begaben wir uns zurück zu Fat Boy und vollzogen nun die weiter oben beschriebene sehr coole Idee: wir übernachteten nicht auf einem hundskommunen Parkplatz sondern auf einem überaus naturbelassen Campingplatz, resp. in einem Naturschutzgebiet; über die Sinnhaftigkeit kann und darf man geteilter Meinung sein… Nicht irgendeiner, sondern des Grössten in Frankreich mit 900 Stellplätzen und einer Fläche von30 ha. Dieser ist in der Nähe des berühmten Cap Fréhel und hat uns einen wunderbaren Sonnenuntergang und mir ein Bad im kühlen Ärmelkanal beschert.

Donnerstag, Fréhel – Cantizac (Vannes)

Nach nicht einmal 200 km sind wir in Vannes angekommen. Die wenigen Kilometer bis zum Camping in Cantizac gestalteten sich ein wenig mühsam, mussten doch mind. 30 Kreisel durchfahren werden. So viele, dass es der Navi-Damen schon fast zu viel wurde und Fat Boy teilweise ziemlich ächzte. 

Nach einem kurzem „Resten wärmen“ machten wir uns auf den Weg in die zerklüftete Küste rund um Séné. Dies taten wir mit dem Velo, damit wir möglichst viel zu sehen und schlussendlich zu essen bekamen. Die Landschaft ist extrem schön, die Halb-/Inseln bieten sehr viel für das Auge und die innere Ruhe. Man kommt sich vor wie in einem (schönen) Traum und mag eigentlich gar nicht weiter gehen.

Unsere vorgängige Recherche hatte ergeben, dass es eine Einkehrmöglichkeit bei einem lokalen Austernfischer gibt. So kam es, dass wir dort einen Halt machten und überlegten, ob wir hier bleiben sollten. Der Fischer kam  direkt auf uns zu und fragte, ob wir etwas degustieren möchte. Es gab Austern (Huîtres), Coquillages (Muscheln), Crustacis (Crevetten) und Seeschnecken. Wir liessen uns dann eine Auster geben, welche wir mit anfänglichem Misstrauen genossen. Diese waren tagesfrisch und werden quasi vor der Haustüre gezüchtet. Aus einer Auster wurde dann ein halbes Duzend, welches wir mit Brot und Butter sowie einem Glas Wein genossen.

Nun hatten wir ein Problem! Wir stellten nämlich fest, dass dies die „falsche“ Fischbeiz war. So blieb uns nichts anderes übrig, als nochmals einzukehren, nämlich dort, wo wir eigentlich wollten. Tja, so gab es halt auch noch rosa Crevetten und eine Fischsuppe, wiederum mit Brot und einer feinen Sauce; und einem Glas Sauvignon blanc. So hatten wir nun das Abendessen auch „gemeistert“ und so soviel frische Meeresfrüchte degustiert, wie noch gar nie – für knappe 30 Euro – und machten uns satt und leicht beschwingt auf den Heimweg.

Freitag: keine Route, (vermutlich) kulinarischer Höhepunkt in Vannes

Nach einer regenreichen Nacht und einem bretonischen Wetter, welches auch den Freitag dominierte, nutzten wir das „Sonnenfenster“ für einen Stadtbummel in Vannes. Eine wunderhübsche Stadt mit rund 50‘000 Einwohnenden, welche eine grosse Altstadt mit vielen Riegelbauten und typischen französischen – und vorallem bretonischen – Läden und Restaurants hat. An jeder Ecke hat es eine Bäckerei, welche allerlei Köstlichkeiten feilbieten, aber auch der typische Fischmarkt oder die Spezialitätenläden fehlen nicht.

Wir hatten – Monate im Voraus – im La Tête en l‘Air auf 13:00 Uhr reserviert (herzlichen Dank an Andi für diesen Tipp!). Ein Restaurant, welches im Michelin geführt und für seine haute cuisine bekannt ist. Die Auswahl ist bescheiden, aber nur theoretisch. Es gibt nämlich nur ein Überraschungsmenü, welches in drei bis sieben Gängen degustiert werden kann und alle drei Wochen wechselt; mit oder ohne Weinbegleitung. Zu Beginn wird man nach Allergien oder Speisen gefragt, welche man auf keinen Fall möchte. Wir hatten dies alles verneint und zwar nicht, weil unser Französisch bei weitem nicht reicht, um all die Köstlichkeiten zu verstehen, sondern weil wir es geniessen, uns überraschen zu lassen.

Nach einer (sehr) kurzen Diskussion entschieden wir uns für 5 Gänge mit Weinbegleitung… Haben wir es bereut? Nein, auch wenn die Kreditkarte kurz geächzt hat, war dies für uns ein gastronomisches Highlight, welches wir nicht missen möchten. Nicht nur die Speisen und der Wein waren sehr lecker, auch die Bemühungen aller Servierenden, uns auf französisch, englisch und mit Händen und Füssen alles zu erklären, war einzigartig. Dazu eine kaum zu überbietende (echte) Freundlichkeit, welche auch zwischen der Chefin, dem Chef und den Angestellten zu spüren ist. Unglaublich auch die Ruhe, welche in der Küche herrschte, in welche wir einen recht direkten Einblick hatten: kein Geschrei, kein nervöses Hin- und Her und ein häufiger Austausch zwischen allen mit einem Lächeln im Gesicht. Die heutigen Betreiber führen das Restaurant seit sieben Jahren, seit fünf Jahren nach dem jetzigen Konzept. Die Chefin ist überzeugt vom Konzept, ich wage zu behaupten zu recht.

Fazit: wir wussten gar nicht, aus was man alles feine Speisen zubereiten kann und dies mehr als einmal als Glacé, z.B. Erbsen oder Peperoni!

Samstag, Cantizac (Vannes) – Île de Ré (anstatt La Rochelle)

Mein Schatz ist die perfekte Touristenführerin und weiss genau, wo es noch etwas „zu holen“ gibt. So sind wir anstatt auf einem städtischen Stellplatz in La Rochelle auf der wunderschönen Île de Ré gelandet. Aber beginnen wir am Morgen.

Die Fahrt nach La Rochelle über knapp 300 km war irgendwie anders als die bisherigen Fahrten. Die Bretonen fahren ziemlich gelassen in der Weltgeschichte herum, drängeln kaum und lassen sich auch nicht von Fat Boy stören, höchsten aufhalten. Je weiter südlich, desto weiter erinnern einen die Zustände an – sagen wir mal – Italien. Es wird gedrängelt, die Toleranz lässt dramatisch nach. So hatte ich zwei Autofahrer gegen mich aufgebracht, als ich vor La Rochelle nicht bereit war, nach einer Auffahrt auf die Autostrasse anzuhalten, nur weil der andere nicht bereit war, seinem Fuss eine kurze Pause zu gönnen. So fuhr ich ihm – zugegebenermassen – relativ knapp vor die Nase. Das wurde von ihm – oder ihr? – mit einer sauberen „ich fahr zwei Zentimeter vor deiner Nase auf die Normalspur“ quittiert. Und natürlich Gehupe. Ebensolches durften wir uns dann auch noch von seinem Nachfolger anhören. Tja…

In La Rochelle entschieden wir uns dann aufgrund ziemlich starken Regens und wenig Parkiermöglichkeiten für die direkte Weiterfahrt auf den Camping auf der Insel. Die Überfahrt auf die Île de Ré ist ziemlich spektakulär, die Brücke knapp drei Kilometer lang. Die Fahrt durch die engen Gassen von Ste. Marie de Ré war ebenfalls ziemlich spektakulär. Glücklicherwieise sind mein Schatz, Fat Boy und ich schon ein ziemlich gut eingespieltes Team.

Der Campingplatz liegt direkt am Meer, man riecht, spürt und hört das Meerr regelrecht. Kurz eingeparkt, verpflegt und dann die Velos gesattelt ging es quer über die Insel nach La Flotte, eine kleine Hafenstadt. Dies mehrheitlich auf Velowegen und vorbei an Reben. Reben = Wein = degustieren. Nach einer kurzen Besichtigung der Hafenstadt – oder eher Hafendorf – degustierten wir dann zwei Roséweine. Na ja, lokale Weine, jedoch mind. nicht mein Geschmack. Die Velofahrt sowie ein paar schöne Fotos machten das aber locker wett.

Am Abend gingen wir noch an den Strand, aufgrund sehr kühler Temperaturen und Ebbe entfiel das obligate Bad. Schade.

Sonntag,  Île de Ré – Arcachon

Rund 260 km standen auf dem Programm, um möglichst in die Nähe von Bordeaux und der Düne von Pilat zu kommen. Die Fahrt verlief unspektakulär, was auffällt sind die Autobahn-/Raststätten, welche weniger bieten. Dies hinsichtlich Angebot, aber auch hinsichtlich Parkplätzen für Wohnmobile.

Der Campingplatz ist nigelnagelneu. Das zeigt sich einerseits an der Adresse, welche unser Navi partout nicht kennen möchte (gut gibt es Google Maps) oder aber auch an verschiedenen nicht oder nur fast fertigen Einrichtungen. Nichtsdestotrotz ist es ein schöner Platz, wie alle Huttopia-Plätze sehr naturverbunden. Leider ist es immer noch recht kühl und wolkig, auf die Beschattung durch die Pinien und Laubbäumen können wir gut verzichten.

Nach dem Mittagessen hiess es dann wiederum Velo ausladen und ab in den Sattel. Nach ca. 10 km waren wir bei den Dünen von Pilat oder ein wenig despektierlich genannt, dem grössten Sandhaufen der Welt. Wir nahmen dann nicht den offiziellen Weg, sondern einen Schleichweg (bei Bedarf habe ich die Koordinaten). Dieser führte uns schnurstracks auf die höchste Stelle der Düne. Von dieser hatte man eine super gute Aussicht. Oder besser hätte, denn leider waren wir nicht ganz alleine (siehe Fotos). Nach einer ausgiebigen Foto- und Selfie-Session machten wir uns wieder auf den Weg zurück zu den Velos, was weitaus leichter viel, als der Weg hinauf.

Wir machten dann noch Halt in Arcachon für einen Apéro und das Bestaunen der Schönen und Reichen. Nicht wenige, notabene…

Woche 2 – Eine “Zwischenwoche“ und Start ins Abenteuer WoMo

Eine „Zwischenwoche“ bahnt sich an. Geprägt von der Beerdigung unseres Vaters am Mittwoch. Ein – natürlich – sehr trauriger Anlass. Nichtsdestotrotz war es auch mein Geburstag, welcher – eher unüblich – am Abend im engen Kreis gefeiert wurde. Eine Möglichkeit, nicht nur Trauer zuzulassen, sondern eben auch Normalität.

Am Freitag war es dann endlich so weit: wir konnten unseren „Fat Boy“ entgegennehmen! Ein sehr cooles Wohnmobil der Marke Malibu (Carthago) mit 7 m Länge und mehr als gut ausgestattet für die beiden Reisenden. Die Übernahme dauerte dann doch eine Weile, vieles gibt es zu beachte, einiges gilt es zu erfahren. Und das Ziel ist es ja, dieses Gefährt ohne Defekte zurückgeben zu können, vollbepackt mit einer tollen Route fast „rund um Frankreich“.

Die erste Ausfahrt verlief besser als erwartet, „Fat Boy“ lässt sich gut steuern und die Übersicht ist dank der grossen und gut eingestellten Aussenspiegel gewährleistet. Übersicht hin oder her liess ich es mir nicht nehmen, Klahreit über das Gewicht zu erhalten. Bei Schnider in Engelburg ging es darum für ein Trinkgeld auf die Waage. Allenfalls war ich zu knausrig, die nette Dame nannte mir als Resultat 3‘390 kg!!! Somit ist eine Zuladung von 110 kg möglich. Für einen Locher schon nahezu eine unmögliche Herausforderung. Wir haben dann optimiert und konnten am Samstag die Reise mit ein bisschen Übergwicht antreten. 

Ab Samstag waren wir dann „on the road“. Die Route seht ihr hier, sie ergibt eine interessante Form auf Google Maps.

Samstag, 1. Etappe: St. Gallen – Ounans (in der Nähe von Dôle), 388 km, mehrheitlich Autobahn bei heissem Sommerwetter.

Die Fahrt verlief ohne Probleme, mit einer ziemlich gemütlichen Reisegeschwindigkeit von höchsten knapp über 100 km/h. In Ounans auf dem Campingplatz Huttopia, La Plage blanche angekommen, ging es dann um das erste Parken von „Fat Boy“. Dieses verlief problemlos und mit ein wenig ausnivellieren standen wir fast ganz eben auf unserem ersten Standplatz unserer Reise. Was für ein Gefühl; welches mit einem Apéro mit hiesigem Rosé und gesundem Knabberzeugs gefeiert werden musste.

Vor Ort ist nicht viel los, ein Naturcampingplatz, schön zum „Runterfahren“. Der Platz ist einfach und erlaubt richtiges Naturfeeling. Und Ruhe. Und der „La Loue“, welcher zum Baden einlädt. Weiteres zum Platz in meiner Google-Rezension.

Die Nacht war im wortwörtlichen Sinne heiss und die knapp 40°C des Tages wirkten nach. Ein Schweissbad der Gefühle…

Sonntag, 2. Etappe: Ounans – La Rochette (Melun an der Seine)

Eine ähnliche Fahrt wie am Vortag erwartete uns, 350 km, mehrheitlich Autobahn und wiederum heiss. De Fahrt führte uns durch das Burgund, leider flitzten wir an Ortschaften wie Beaune, Meursault oder Chablis nur vorbei, ohne kaum eine der edlen Reben zu sehen; nächstes Mal dann… Angekommen auf dem Campingplatz La Belle Etoile parkierten wir „Fat Boy“ auf einem grossen, fast leeren Campingplatz. Die Réception war noch geschlossen, kein Problem.

Nach Anschluss am Landtstrom, einer Stärkung und kurzer Planung des restlichen Tages machten wir uns auf den Weg nach Melun, zu Fuss. Die Stadt ist fast ausgestorben und bietet nicht wirklich viel. Eine Insel, welche in der Seine steht und die Stadt unterteil, ist die Ausnahme. Nach einem Spaziergang, einer Brotversorgung und keiner Aussicht nach einem gemütlichen Apéroplätzen machten wir uns auf den Heimweg. Dort war dann Apéro und Grill mit St. Galler Bratwurst und Salsiccia angesagt. Danach kam ein Gewitter auf und wir genossen den grosszügigen Innenraum unseres WoMos. Das Gewitter war nicht heftig, der darauffolgende Regen hielt bis in die frühen Morgenstunden an. Gut schlafen geht anders.

Der Platz ist am unterstmöglichen Ende eines 3-Stern-Platzes. Er erinnerte mich an die frühen Achtziger zurück… Ziemlich lieblos, vieles sehr minimalistisch; unnötigerweise. Allenfalls gäbe es eine bessere Möglichkeit in Fontainebleau). Mehr auf Google.

Woche 1 – Segeltörn im Schärengarten von Stockholm

Die erste Woche. Sie begann leider nicht ganz unbeschwert, wie ihr im Bericht der Woche 0 lesen konntet. Dank guter Vorbereitung der anstehenden Beerdigung unseres Vaters nach meiner Rückkehr, welche nur durch die grossartige Unterstützung meiner Schwester und meinem Schatz möglich war, konnte ich mind. aus administrativer Sicht die erste Woche unbelastet angehen. Emotional war die Abreise doch eine Achterbahnfahrt der Gefühle, ich fühlte mich ziemlich „durch den Wind“.

Erschwerend dazu kam eine gewisse körperliche Einschränkung durch die Problemzone „Rücken“. Vor knapp einem Monat führte ein kleiner Sturz mit dem Fahrrad dazu, dass sich die Bandscheibe lautstark zurückmeldete… Glücklicherweise haben sich die Schmerzen in den letzten drei Wochen fast vollständig verflüchtigt. Was bleibt ist einerseits die Unsicherheit, was kommt und wie viel möglich ist; insb. Heben von übervollen Gepäckstücken, welche wie immer einiges enthielten, dass am Ende der Woche ungebraucht zurückgeschleppt wurde.

Nach drei Jahren ohne die Möglichkeit, auf einen Segeltörn zu gehen, startete am Samstag die Reise nach Schweden, konkret Stockholm. Dort durften wir eine 50-Fuss-Segeljacht (Sun Odyssey 509) mit dem schönen Namen Saphira übernehmen. Der Wetterbericht und die Windprognosen unterstützten die Vorfreude, beides sah gut bis sehr gut aus, um den Schärengarten von Schweden zu erkunden. Eine Gegend, die wunderschöne und überraschende Seiten hat und daran erinnert, dass vor ein paar Tausend Jahren hier alles von dickem Eis überdeckt war. Die Felsen – eben die Schären – sind Zeugen dieser vergangenen Zeit.

Wir, das sind sechs Kollegen, die schon mehrmals zusammen auf den verschiedenen Meeren dieser Welt – eher der europäischen – mit  Windunterstützung unterwegs waren. Eine Crew mit einem Skipper, den wohl mit seiner riesigen Erfahrung und seiner schier endlosen Energie kein Wetter oder andere ungemütliche Situationen oder Umstände aus der Ruhe bringen können und fünf Seglern mit Hochseepatent. 

Als Goodie gilt zu erwähnen, dass es auf unseren Törns kulinarisch doch einigermassen hoch her geht. Dazu gehören täglich selbstgemachtes Brot, ein leckeres Curry, Spaghetti – natürlich Barilla Nr. 5!!! – Risotto con funghi, griechischer Salat und eine geniale Restenverwertung, welche so umfassend ist, dass sie hier nicht vollständig genannt werden kann. Etwas habe ich vergessen: Sandwiches sind bei uns tabu, ausser es sind Pita-Brote mit verschiedenen fleischlichen und (zunehmend) vegetarischen Füllungen, natürlich frisch zubereitet. Zubereitet von der ganzen Crew, jeder ein Koch. Die einen – z.B. ich – eher als solide Basisköche, andere auf Level Chefkoch. Kein Wunder werden wir von anderen Crews beneidet, wenn sie von unserer Verpflegung hören.

So starteten wir bereits am ersten Abend bei vollem Tageslicht in die erste Bucht, wo wir nächtigten. Bei meistens fast fehlender kompletter Dunkelheit, was nicht sonderlich störend ist, sondern eher eine coole Erfahrung. Auf der Reise durch die Schären besuchten wir dann Utö – mit japanischer Aussprache benutzt der running Gag dieses Tripps – und Sandheim sowie verschiedene sehr schöne Buchten.

Einer der Höhepunkte war die Bucht Säck, welche im Eingangsbereich eine Tiefe aufwies, welche nur eine Haaresbreite – allenfalls auch eine Handbreite – grösser war, als der Tiefgang unseres „Panzers“. Die damit verbundene Adrinalinausschüttung wird mit einer wunderbaren Bucht mit gutem Ankergrund belohnt. Die Ausfahrt am nächsten Tag verlief ebenso problemlos, „Glück“ gehabt.

Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch einer öffentlichen Sauna auf Herholen. Alle der Mannen liessen sich das Schwitzen und das darauffolgenden Abkühlen in der sehr kühlen See nicht nehmen. OK, die einen waren schneller wieder aus dem Wasser, weil sie das Abfrieren gewisser Extremitäten fürchteten; was glücklicherweise nicht geschah.

Die Wetter- und Windaussichten bestätigten sich grösstenteils. Wir konnten sehr viele der 200 Meilen segeln, Ausnahmen waren seltene Flauten oder aber Passagen, die man möglichst kontrolliert durchfahren mussten. Regen gab es zwei Mal. Einmal nur kurz, so kurz, dass Gerüchten zufolge einzelne Crew-Mitglieder dieses Ereignis verschlafen haben, während andere dann doch vorsichtshalber das Ölzeug anzogen. Die Temperaturen waren recht kühl, was Luft und Wasser einschloss. Das hatte den Vorteil, dass der Sonnenschutz primär im Gesicht notwendig war und nicht  am ganzen Körper. Die Chefin der Charterfirma sagte uns, dass das die erste gute Woche war, die letzten beiden waren kalt und eher nass. Glück gehabt! 

Unsere Yacht leistete uns gute Dienste. Wenig war nicht in Ordnung, überaus gut ausgestattet war die Küche. Wichtig für uns, wie man weiter oben lesen kann. Ein grosses Manko war das Fehlen der Badeleiter. Wir – bekennende Kaltwasserbader – steigen wenn immer möglich einmal täglich ins kühle Nass. Ohne Badeleiter ein eher mühsames Unterfangen. Wie aufmerksame Lesende aber bereits wissen, gibt es da aber einen Skipper, der für alles eine Lösung hat. Und so dauerte es nicht lange, bis aus einem Seil und einem Ast eine veritable Alternativ entstand. Vielen Dank!

Zum Schluss des Törns stand eine Besichtigung der Stadt Stockholm an. Leider war hier nur noch die „halbe“ Crew dabei. Die Stadt hat um eine Million Einwohner und umfasst 14 Inseln in der Ostsee. Diese Inseln sind durch mehr als 50 Brücken verbunden. Das alleine macht ein Besuch schon sehr interessant.

Man kann hier wunderbar flanieren, Essen gehen, Museen besuchen, Rundgänge buchen etc. 

Wir besuchten das Vasa-Museum – hier sei eine klare Besuchsempfehlung angebracht -, liessen uns bei einer geführten Tour durch die Altstadt mind. die gesamte Geschichte von Stockholm erklären und staunten über die vielen Gewässer, welche den Reiz der Stadt ausmachen. Das Ganze absolvierten wir zu Fuss, so gegen 15 km über den Tag verteilt im zügigen Laufschritt. Leider war der Nutzen hinsichtlich des über die Woche „angesparten“ Übergewichts dann doch eher überschaubar oder eher unsichtbar.

Am nächsten Tag ging es dann mit dem Arlanda-Express in „no time“ auf den gleichnamigen Flughafen. Auf diesem haben wir dann ordentlich Zeit verbracht, die meiste davon in einer Warteschlange vor der Security. 

Fazit: Stockholm ist ein Besuch wert oder auch zwei, drei…

Woche 0 – kurz vor dem Start

So, nun stehen sie vor der Tür, die Langzeitferien; oder eben Sabbatical. Fünf von fast unvorstellbaren zehn Wochen sind fix verplant, der Rest gibt Raum für Spontanes oder das Lustprinzip, welches in einer vollen Agenda leider fast keinen Platz hat. Manche sind überrascht, wenn man ihnen das erzählt und meinen, dass man doch etwas Grosses unternehmen sollte, wenn man dann schon mal so viel Zeit zur Verfügung hat. Andere hingegen bekräftigten einen dabei, nicht zu viel vorzunehmen, dass man dann doch nicht tut.

Tja, ich werde erfahren, ob der gewählte Weg (für mich) der richtige war, ich bin optimistisch, dass er das ist. Und wenn wir gerade bei dem Spontanen, Unvorhersehbaren sind, dass Platz haben sollte – oder halt muss, gilt dies auch für Platz zum Abschied nehmen. Zum Beispiel dann, wenn ein Elternteil verstirbt. So gilt es, während zweier Reisen eine Beerdigung zu planen und durchzuführen. Schlimm, wenn es der dritte Todesfall innerhalb von sechs Monaten ist, im engsten Familienumfeld. Eine schwierige Zeit für die ganze Familie. Ich empfinde die anstehende Auszeit auch als Chance, diesbezügliche Emotionen zuzulassen, an die Verstorbenen zu denken und den Schmerz zu verarbeiten.

Geschäftlich galt es, die übervolle Mailbox zu zähmen, liebe Kolleginnen und Kollegen zu finden, welche einem die Arbeit während der Abwesenheit abnehmen und diese so gut als möglich zu instruieren. Was ging wohl alles vergessen?

Orientierung

Orientierung ist wichtig. Immer und jederzeit. Orientierung bedeutet jedoch nicht automatisch, den Weg zu verstehen, welchen man begeht oder begehen soll. Hierzu gibt es ein schönes Zitat von Albert Einstein,

«Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich darin nur zurechtfinden.».