Woche 5 – Provence – Schweiz

Montag, keine Route, Besuch der Lavendelfelder

Als wir am Vortag Richtung Sault gefahren sind, waren wir der Meinung, dass wir schon fast zu spät für die Lavendelblüte seien. Die Felder wirkten mehrheitlich „mager“ und eher blass. Im Gespräch mit einer Ladenbesitzerin für Lavendellprodukte haben wir jedoch erfahren, dass der Lavendel „malade“ sei. Auf meine Rückfrage, ob ein Befall durch Insekten daran schuld sei, erhielt ich zur Antwort, dass es der Stress sei, welcher durch die Trockenheit verursacht wird. Auch hier ist der Klimawandel stark zu spüren und wird eine starke Veränderung in der Landwirtschaft mit sich bringen. Wie beim Wein notabene.

Unsicher, ob wir zu Fuss zu den angeblich schönsten Lavendelfelder pilgern sollten oder mit dem Velo, entschieden wir uns im letzten Moment für letzteres. Ein wahrlich guter Entscheid! Die Fahrt nach Ferrassières, Aurel und Sault war ein kleiner Traum. So kamen wir dann doch noch zu Fotos von vollen, gut gepflegten und schier endlosen Lavendelfeldern. Olfaktorisch war es ein Wechselbad zwischen dem Geruch des Lavendels und der Pinienwälder, von welchen wir mehrere durchquerten. Zweimal fuhren Transporter mit frischer Ernte an uns vorbei, unbeschreiblich!

Aurel ist sehr, sehr klein. Wenn man durch die wenigen Gassen flaniert, getraut man sich fast nicht, laut zu sprechen. So ruhig ist es! Oder sollte man sagen ausgestorben? Wohl beides, viele dieser Kleinstdörfer dürften keine rosige Zukunft haben, wir kennen das in der Schweiz ja auch.

Nach einer kurzen Einkehr und dem Genuss von Chaussons aux pommes – unsere geliebten Pain aux chocolate waren „leider“ aus – und der damit verbundenen Einnahme von mind. doppelt so viel Kalorien wie wir auf der gemütlichen Velofahrt verbrannt haben, machten wir uns auf den Heimweg. Danach stand „chillen“ und eine kurze Joggingrunde auf dem Programm.

Dienstag, Sault-Vésenaz (Genf)

Am Dienstag hiess es, Abschied von Frankreich zu nehmen. Unsere Tour war noch nicht ganz vorbei, aber das Ende nahte… So machten wir uns auf den rund 330 km weiten Weg. Ein Weg, welcher es schlussendlich in sich hatte… Wir liessen uns – einmal mehr – auf den Vorschlag des Navis ein. Dies war – einmal mehr – eine Mischung zwischen „wie passt Fat Boy hier durch“, „Wow, was für schöne Gegenden gibt es“ und „WTF schlägt uns das Navi schon wieder vor…“. Gut, man kann auch durchaus der Meinung sein, dass nicht der Computer daran schuld ist, sondern der- oder diejenige, welche(r) ihn bedient.

So hatte die Tour dann zwei Höhepunkte, welche den Adrenalinhaushalt in ungeahnte Höhen steigen liess. Der erste war ein Nationalpark (Méouge-Schlucht) mit so schmalen Strassen – links flankiert von schroffen Felswänden, rechts eingerahmt von einer tückisch hohen Steinmauer -, auf welchen uns ein Töfffahrer den gestreckten Mittelfinger zeigte, wohl nur darum, weil wir auch dort durch wollten oder mussten und nicht wirklich ausweichen konnten. Glücklicherweise herrschte so wenig Verkehr, dass auf Rückfahrmanöver der überirdischen Art vollständig verzichtet werden konnte. Die Schlucht und das Panorama waren jedoch einzigartig, wir haben leider wenig davon mitbekommen und auch keine Zeit gefunden, um Fotos zu schiessen (Fotos sind aus dem Internet).

Der zweite Höhepunkt war dann die Durchfahrt des Villenviertels von Vésenaz, welchds etwa ähnlich wie unser Rosenbergviertel ist, nur mindestens doppelt so pompös und die Strassen mindestens halb so breit… Als wir einmal stillstanden, um ein LKW passieren zu lassen, habe ich vor meinem geistigen Auge bereits das Unfallprotokoll gezückt, „um Haaresbreite“ wäre eine schiere Untertreibung.

Auf dem TCS-Campingplatz angekommen, wo wir zu unserer Überraschung einen Platz mit Seesicht erhielten, war natürlich ein Schwumm im Genfersee angesagt. Das einigermassen kühle Nass half uns dabei, den Adrenalinstand wieder auf ein normals Niveau zu bringen. Ausserdem regte dieser den Hunger an, so gab es einen gemischten Salat mit verschiedenen Grillzutaten, was richtig lecker war.

Mittwoch, keine Route, Velotour und Kurzbesuch von Genf

Nach einer etwas unruhigen Nacht neben einem Naturschutzgebiet mit vermutlich ein paar Millionen Vögeln, welche in der Nacht alles tun, ausser schlafen, machten wir uns an das letzte Tagesprogramm dieser wunderbaren Tour. Da wir nicht so die „Shopper“ sind, entschieden wir für eine Velotour durch die Umgebung von Genf. Wir wählten die Route 171 von Swiss Mobil, mit einer Länge von schlussendlich knapp 40 Kilometern. Die Route führte mehrheitlich Überland an verschiedenen „Sehenswürdigkeiten“ vorbei. Da diese im Privatbesitz sind, blieb es dann bei einem „drive by“ und kurzem „Aha…“. Nichtsdestotrotz ist es eine schöne Route zwischen Weizen- und Sonnenblumenfeldern sowie Reben hindurch.

Da die Route bis nach Genf führt, liessen wir uns einen Kurzbesuch dann doch nicht nehmen. Wir flanierten am Ufer entlang bis zum jet d‘eau und machten uns dann Richtung Altstadt. Ein Besuch der Kathedrale Saint-Pierre lohnt sich, man könnte dort auch noch den Turm besteigen. Uns war das zu heiss und Sport hatten wir ja bereits  auf dem Programm.

Nach einem Bummel durch die schönen Gassen, der ersten Pizza nach über drei Wochen und dem Staunen, wie die Reichen und (nicht so) Schönen vor den Luxusläden auf Einlass warteten, machten wir uns zurück zu Fat Boy und dem schönen Genfersee. So war das nach einem wunderschönen „Nach dem Aufstehen und vor dem Frühstück“-Schwumm das zweite Eintauchen in den See.

Den Rest des Nachmittags und Abends verbrachten wir mit Lesen und der Aussicht auf einen See mit einem unglaublich faszinierenden Licht- und Wolkenspiel sowie einer Vielzahl von Segelbooten.

Woche 4 – Bordeaux – Südfrankreich

Montag, keine Route, sondern Besuch von Bordeaux

Als Weinliebhaber sollte man Bordeaux unbedingt gesehen haben. Aber nur in der Theorie, unser Fazit. Um dies zu erfahren, mussten wir zuerst fahren, resp. laufen. Nach einem Fussmarsch von zwei Kilometern brachte uns die TER Bretagne ins knapp 60 km entfernte Bordeaux. Dort hiess es dann, auf direktem Weg in die Weinstadt (La Cité du Vin) zu kommen (Danke Fabio für den Tipp!). 

Dieses „Weinmuseum“ ist eine wirklich tolle Sache. Man erfährt mit allen Sinnen sehr viel über die Welt des Weines. Bereits das Gebäude ist ein Höhepunkt, wie man auf den Fotos sehen kann. Wir liessen uns rund zwei Stunden – unterstützt durch einen leider ziemlich fehlerhaften Audioguide – informieren und genossen danach im 8. Stock ein Glas Wein.

Der Rundgang durch die Altstadt von Bordeaux hatte zwei Seiten: schöne und alte Gebäude, viele und sehr grossstädtische Menschen. Die Hauptgassen waren voll – und dies an einem Montag Nachmittag -, die Hektik hat uns fast überfordert. Dann wurden wir fast von einem Ladendieb umgerannt, welcher aus gutem Grund ziemlich rasant aus einem Kleidergeschäft gerannt kam. Grossstädte mögen ihren Reiz haben, in Bordeaux haben wir ihn leider nicht gefunden. Und als Weinstadt haben wir sie auch nicht wahrgenommen.

Dienstag, Arcachon – Saint-Emilion

Die zweitkürzeste Etappe liegt hinter uns. Das erste Mal sind wir – anstatt auf einem Chateau (aka Weingut) – auf einem ****-Campingplatz gelandet. Wieso kein Weingut? Zu weit weg vom Schuss, resp. von Saint-Emilion. Und dieses wollten wir besuchen. Und das haben wir getan und zwar recht ausgiebig. Aber alles schön der Reihe nach.

Nach 2 1/2 Stunden Reise inkl. Tanken (Tanken ist zu unser häufigsten Tätigkeit geworden, Fat Boy hat mehr Durst als sein Fahrer…) und einkaufen, sind wir in Saint-Emilion angekommen. Die Fahrt war kurz aber einigermassen anstrengend, rund um Bordeaux war ein ziemliches Chaos und alles ziemlich hektisch. Der Campingplatz machte einen sehr einladenden Eindruck, man konnte den zusätzlichen Stern förmlich spüren.

Dann ging es – wie meistens – nach einem kurzen Mittagslunch aufs Rad. Auf rund 20 km fuhren wir über Pomerol ins Dorf Saint-Emilion. Vorbei an Weinreben, Chateaus, Weinreben, Chateaus. Die Hauptsorten sind Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Im Gegensatz zur „linken“ Seite an der Garonne und weiter unten der Gironde, wo die Cabernets die Gegend beherrschen. Meistens wird ein Cuvée herstellst, typisch sind Verschnitte von 80% Merlot und 20 % Cabernet Sauvignon / Cabernet Franc. Nicht fehlleiten sollte man sich von der vollmundigen Bezeichnung Grand Cru Classé, welche fast an jedem Weingut prangt. Das ist hier fast der Normalfall, spannend wird es bei den Premier Grand Crues, über welche ich wenig berichten kann, da sie mein Wein-/Budget übersteigen. Nun bin ich aber abgeschweift, zurück zu unserem Ausflug.

Pomerol „n’existe pas“, war unsere erste Erkenntnis. Etwas genauer: es gibt ein Dorf, welches aber lediglich aus einer Kirche, einem Friedhof, einer Schule und dem Rathaus besteht. Trotzdem schön, zu trinken gab es leider nichts. Deshalb fuhren wir rasch weiter nach Saint-Emilion. Kaum angekommen, fühlten wir uns überaus wohl. Die Stadt Bordeaux war vergessen, Erinnerungen an das Piemont kamen auf. Das Dorf ist wunderschön authentisch, die Anzahl Touristen – ja, wir sind es auch… – hält sich in Grenzen und die Anzahl Weinläden ist schier grenzenlos. Der Unterschied im Angebot ebendieser ist es auch…

Im ersten Laden angekommen – ein sehr schöner mit viel Betrieb -, fühlten wir uns dann doch rasch fehl am Platz. Oder ein bissen zu wenig „Premie Grand Cru classé A“. So gingen wir rasch weiter und landeten in einem weniger belebten Geschäft, in welchem wir fünf Weine aus der Region degustierten. A propos Region: rund um Saint-Emilion hat es 800 Weingüter, um Pomerol deren 200!

Nach einem reichhaltigen Apéro-Plättchen und dem einen oder anderen Glas Wein machten wir uns zurück auf den Campingplatz. Bei unseren Velos – sie waren tatsächlich noch da – machten wir noch Bekanntschaft mit einem polnischen Pärchen, welches Europa mit einer Vespa (330 ccm) bereist und meinte, dass diese Gegend „boring, but very beauty“ ist. In Osteuropa sei viel mehr los. OK, wer’s mag.

Am Abend folgte dann Camperlife mit endlich warmen Temperaturen und Grill.

Mittwoch, Saint-Emilion-Carcassonne

Rund 330 km lagen hinter uns, als wir auf dem Campingplatz „La Cité Carcassonne-„ ankamen. Dieser liegt in der Nähe des Canal du midi und in unmittelbarer Nähe von Carcassonne. Hier sind keine Reservationen für Kurzzeitaufenthalter möglich, wir hatten Glück. Der ****-Campingplatz ist gut gefüllt, aber bei weitem nicht ausgebucht. Die Stellplätze sind gross, die sanitären Anlagen so ***. Wer hat nicht gerne eine WC-Brille oder Seife, wenn er seine Geschäfte verrichtet? OK, wir schätzen das.

Nach einem kurzen Mittagessen – eifrige Blog-Lesende kennen das bereits – schwanken wir uns nicht auf den Sattel sondern nahmen die knapp 2 Kilometer Weg bei gefühlten 40°C unter unsere Füsse; die Temperaturunterschiede über 300 km sind doch beträchtlich. Kaum in der Nähe von Carcassonne imponiert die riesige mittelalterliche Burgmauer, welche den Dorfkern umgibt. Die ganze Burg ist „gut im Schuss“ und es ist auch bei den aktuell heissen Temperaturen ein Vergnügen, diese zu Umlaufen.

Die Gassen sind très jolie, jedoch sehr touristisch geprägt. Von diesen hatte es nicht sehr viele, abseits der Hautpgasse fast keine. So konnten wir in Ruhe das schöne, mittelalterlich geprägte Städten besichtigen. Es gibt auch hier gemütliche Ecken, die höchstens dann ihren Reiz verlieren, wenn – man mag es kaum glauben – ein Auto oder Motorrad durch die Gassen jagt. Der obligate Besuch der Kirche – eigentlich eine Kathedrale von Carcassonne – war diesen wert, wir waren sehr erstaunt über die wunderschönen Glasfenster, auch in den Seitenschiffen. Ansonsten ist die Kathedrale im gotischen Stil eher düster.

Den Durst konnten wir in einem der (sehr) zahlreichen Restaurants stillen, wir fanden eine sehr coole Location. Restaurants gibt es wie Sand am Meer (letzteres ist hier leider nicht vorhanden), die Kunst ist es, das richtige auszuwählen. Wir wählten das Maison du Cassoulet und bereuten es nicht. Wieso, das kann hier nachgelesen werden.

Glücklicherweise stand uns noch der Heimweg bevor, mind. 0.5% des Alkohols und 375 kcal konnten dabei abgebaut werden. Bei Fat Boy angekommen, lasen wir noch eine Weile draussen, das erste Mal überhaupt bei angenehmen Temperaturen.

A propos Fat Boy. Diesem ging es heute nicht so gut, sein Öldruck war eher tief, wir bleiben an diesem Thema dran…

Donnerstag, Carcassonne-Marseillan (Nähe Cap d‘Agde)

Wie gestern angetönt, kämpften wir ein wenig mit dem Ölstand von Fat Boy. Dabei fiel uns der Unterschied zwischen der optischen Anzeige im Cockpit und dem effektiven Stand des Ölmessstabs schon früh auf. Diese war aber trotzdem einigermassen plausibel und vergleichbar, deshalb blieb eine gewisse Unsicherheit und ungutes Gefühl. Nach der Abfahrt beim ersten Halt zeigte dann die Cockpit-Anzeige schon keinen Balken (es gibt deren fünf) mehr an, sondern nur die Aufforderung, den Ölstand zu kontrollieren. WAS SEIT EINEM TAG MEINE MEIST DURCHGEFÜHRTE TÄTIGKEIT WAR (sogar noch vor Apéro und Mittagessen)! Aber das imponierte der Elektronik kein kleines bisschen. So entschieden wir uns für einen Besuch in einer Fiat-Garage, um der Sache wirklich auf den Grund zu gehen und danach die Fahrten wieder geniessen zu können.

Auf dem Weg haben wir einen Zwischenhalt in Le Somail eingeplant. Dort gibt es eigentlich nix, ausser einen Stellplatz für WoMos, einen Anlegeplatz für alle Grössen von Hausbooten auf dem Canal du midi (eine solche Reise ist bereits auf der Bucket List) sowie eine wunderschön mit Blumen geschmückte Brücke. Und natürlich – der eigentliche Grund für den Besuch aufgrund einer Empfehlung (Danke Fabio und Nathalie!) – Le Trouve Tout Du Livre. Eine sehr ungewöhnliche und unbedingt sehenswerte Buchhandlung / Antiquariat, welches von 12:00 – 14.30 Uhr geschlossen hat. So kam es, dass wir aufgrund meiner oben beschriebenen neuen Lieblingsbeschäftigung im wahrsten Sinne des Wortes um fünf vor zwölf in Le Somail ankamen… Nun standen wir vor der Entscheidung, die Zeit abzusitzen oder so früh wie möglich die Fiat-Garage aufzusuchen und auf den Besuch dieser Sehenswürdigkeit zu verzichten. Wer mich kennt, weiss, wie das ausgegangen ist… Alle Interessierten werden deshalb gebeten, folgendes zu googeln: Le Trouve Tout Du Livre.

Der Besuch der Fiat-Garage brachte uns drei Dinge: einen Gratis-Liter Öl und die Arbeit dazu – man suche das bitte mal in der Schweiz -, die Überzeugung, dass auch schlechtes Französisch gutes Französisch im Umgang mit Franzosen und Französinnen ist und schlussendlich, dass unser Fat Boy auch die nächsten zwei- bis dreitausend Kilometer ein zuverlässiger Reisebegleiter sein wird.

Am Mittelmeer angekommen gab es dann einen kurzen Spaziergang am Strand und eine Portion Moule Frites, welche lecker war. Auf den Nachschlag verzichteten wir dann dankend, genossen dann aber unseren ersten(!) Pastis.

Freitag und Samstag, keine Route, sondern Strandferien am Mittelmeer

Wir besuchten – um unserem Reisehunger mind. Minimal – gerecht zu werden, Agde und Cap d‘Agde (den Hafen). Agde ist eigentlich noch ziemlich hübsch. Es hat enge Gassen, viele kleine Läden und liegt am Herault, ein Fluss mit 148 km Länge, der ganz in der Nähe (Grau d‘Agde) ins Mittelmeer mündet. Dieses Wochenende wird hier gefeiert und das berühmte Fischerstechen durchgeführt. Die Ruderboote, welche verwendet werden, seht ihr weiter unten. Wir waren aber am „falschen“ Tag dort und haben kurz am Herault einen Kaffee genossen. 

Die Velofahrt vom Camingplatz an der Marseillan Plage nach Agde findet glücklichweise auf – wenn auch sehr holprigen und hindernissreichen – Velowegen statt. Es geht an einem Naturreservat (Reserve Naturelle du Bagnas) vorbei, welches eine Art Lagune ist.

Das Dörfen Marseillan Plage ist gelinde ausgedrückt eine Ansammlung von Kitschshops und nicht wirklich einladenden Restaurants. Das am Vortag beschriebene Restaurant stellt eine Ausnahme dar, ein Glücksfall sozusagen. Das Restaurant macht einen gepflegten Eindruck, das Essen und der Services sind sehr gut. Ein kurzes Gespräch mithilfe meines schwachen Französisch hat dann ergeben, dass es sich bei den GastgeberInnen um eine Familie handelt, welche seit vier Jahren hier wirtet und dies vorher in Perpignan getan hat. Ein nettes Gespräch. Beim zweiten Besuch ist uns dann aufgefallen, dass die Chefin mehrere Gäste persönlich begrüsst, anscheinend langjährige Gäste.

Abgesehen von unseren zwei Ausfahrten genossen wir die Stunden am Strand, nach zwei Wochen das erste Mal mit unseren E-Readern in der Hand. Ruhe ist hier ein kostbares Gut, am Abend geht es rund um den Campingplatz hoch her, nicht gerade unsere Präferenz.

Morgen geht es dann weiter, die Lavendelfelder der Provence stehen auf unserem Programm und allenfalls eine Höhle. Den Gedanken, einen Umweg über die Calanque zu machen, haben wir wieder verworfen. So nähern wir uns langsam aber sicher unserer Heimat.

Sonntag, Marseillan (Nähe Cap d‘Agde)-Sault

Der Sonntag war von mehreren fahrtechnischen Herausforderungen geprägt. Bereits beim Abstellen war uns klar, dass das eine oder andere Manöver nötig sein wird, hier wieder heraus zu kommen. Überhaupt waren wir an diesem Tag erstaunt, wieviel Fat Boy zwischen zwei Hindernissen hindurch geht… Dabei ist die Hauptherausforderung nicht unbedingt die Länge, sondern der Überang. Der Teil des Fahrzeuges, welcher sich hinter der Hinterachse befindet und eine gewisse Eigendynamik hat. Gerade das kam dann auch bei der Ausfahrt aus dem Campingplatz zum Tragen. Durch unterstütztende „Vas-y“ gelang uns das dann auch.

Die Qualität der Raststätten ist ebenfalls extrem unterschiedlich. So ist eine gewisse Skepsis angebracht, wenn WoMos und PKWs auf dieselben Stellflächen gelotst werden und dort dann auch noch Gegenverkehr gilt. Dann werden überdachte Parkplätze zu regelrechten Fallen.

Auf dem Naturcamping angekommen brauchten wir ganze drei Versuche, um dann sesshaft zu werden. Zuerst fehlte schlicht und ergreifend eine Stromsäule, danach merkten wir, dass die Pinien uns innert zweier Tage regelrecht zukleistern werden. Unschön. So fanden wir dann unser Plätzchen unter Laubbäumen und einer sehr guten Beschattung, kein Nachteil bei 36°C.

Zu Fuss besuchten wir dann das rund 2 km entfernte Sault. Ein sehr kleines Dorf und einer (der höchste) von drei Ausgangspunkten für VelofahrerInnen, um den legendären Mont Ventoux zu bezwingen. Er hat stattliche 1910 m Höhe und durschnittlich 7,6% Steigung, die Distanz beträgt ab Sault rund 26 km. Leider sahen wir ihn nur aus der Ferne (wer weiss, vielleicht das nächste Mal…).

Sault ist ein kleines Dorf mit 1361 Einwohnenden; und vermutlich mind. so vielen Parkplätzen. Man will sich gar nicht vorstellen, wie es hier in der Hauptsaison zugeht. Aktuell ist es eträglich und die Restaurant- und LadenbesitzerInnen sind noch für einen Schwatz zu haben.

Woche 2 – Eine “Zwischenwoche“ und Start ins Abenteuer WoMo

Eine „Zwischenwoche“ bahnt sich an. Geprägt von der Beerdigung unseres Vaters am Mittwoch. Ein – natürlich – sehr trauriger Anlass. Nichtsdestotrotz war es auch mein Geburstag, welcher – eher unüblich – am Abend im engen Kreis gefeiert wurde. Eine Möglichkeit, nicht nur Trauer zuzulassen, sondern eben auch Normalität.

Am Freitag war es dann endlich so weit: wir konnten unseren „Fat Boy“ entgegennehmen! Ein sehr cooles Wohnmobil der Marke Malibu (Carthago) mit 7 m Länge und mehr als gut ausgestattet für die beiden Reisenden. Die Übernahme dauerte dann doch eine Weile, vieles gibt es zu beachte, einiges gilt es zu erfahren. Und das Ziel ist es ja, dieses Gefährt ohne Defekte zurückgeben zu können, vollbepackt mit einer tollen Route fast „rund um Frankreich“.

Die erste Ausfahrt verlief besser als erwartet, „Fat Boy“ lässt sich gut steuern und die Übersicht ist dank der grossen und gut eingestellten Aussenspiegel gewährleistet. Übersicht hin oder her liess ich es mir nicht nehmen, Klahreit über das Gewicht zu erhalten. Bei Schnider in Engelburg ging es darum für ein Trinkgeld auf die Waage. Allenfalls war ich zu knausrig, die nette Dame nannte mir als Resultat 3‘390 kg!!! Somit ist eine Zuladung von 110 kg möglich. Für einen Locher schon nahezu eine unmögliche Herausforderung. Wir haben dann optimiert und konnten am Samstag die Reise mit ein bisschen Übergwicht antreten. 

Ab Samstag waren wir dann „on the road“. Die Route seht ihr hier, sie ergibt eine interessante Form auf Google Maps.

Samstag, 1. Etappe: St. Gallen – Ounans (in der Nähe von Dôle), 388 km, mehrheitlich Autobahn bei heissem Sommerwetter.

Die Fahrt verlief ohne Probleme, mit einer ziemlich gemütlichen Reisegeschwindigkeit von höchsten knapp über 100 km/h. In Ounans auf dem Campingplatz Huttopia, La Plage blanche angekommen, ging es dann um das erste Parken von „Fat Boy“. Dieses verlief problemlos und mit ein wenig ausnivellieren standen wir fast ganz eben auf unserem ersten Standplatz unserer Reise. Was für ein Gefühl; welches mit einem Apéro mit hiesigem Rosé und gesundem Knabberzeugs gefeiert werden musste.

Vor Ort ist nicht viel los, ein Naturcampingplatz, schön zum „Runterfahren“. Der Platz ist einfach und erlaubt richtiges Naturfeeling. Und Ruhe. Und der „La Loue“, welcher zum Baden einlädt. Weiteres zum Platz in meiner Google-Rezension.

Die Nacht war im wortwörtlichen Sinne heiss und die knapp 40°C des Tages wirkten nach. Ein Schweissbad der Gefühle…

Sonntag, 2. Etappe: Ounans – La Rochette (Melun an der Seine)

Eine ähnliche Fahrt wie am Vortag erwartete uns, 350 km, mehrheitlich Autobahn und wiederum heiss. De Fahrt führte uns durch das Burgund, leider flitzten wir an Ortschaften wie Beaune, Meursault oder Chablis nur vorbei, ohne kaum eine der edlen Reben zu sehen; nächstes Mal dann… Angekommen auf dem Campingplatz La Belle Etoile parkierten wir „Fat Boy“ auf einem grossen, fast leeren Campingplatz. Die Réception war noch geschlossen, kein Problem.

Nach Anschluss am Landtstrom, einer Stärkung und kurzer Planung des restlichen Tages machten wir uns auf den Weg nach Melun, zu Fuss. Die Stadt ist fast ausgestorben und bietet nicht wirklich viel. Eine Insel, welche in der Seine steht und die Stadt unterteil, ist die Ausnahme. Nach einem Spaziergang, einer Brotversorgung und keiner Aussicht nach einem gemütlichen Apéroplätzen machten wir uns auf den Heimweg. Dort war dann Apéro und Grill mit St. Galler Bratwurst und Salsiccia angesagt. Danach kam ein Gewitter auf und wir genossen den grosszügigen Innenraum unseres WoMos. Das Gewitter war nicht heftig, der darauffolgende Regen hielt bis in die frühen Morgenstunden an. Gut schlafen geht anders.

Der Platz ist am unterstmöglichen Ende eines 3-Stern-Platzes. Er erinnerte mich an die frühen Achtziger zurück… Ziemlich lieblos, vieles sehr minimalistisch; unnötigerweise. Allenfalls gäbe es eine bessere Möglichkeit in Fontainebleau). Mehr auf Google.